Die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung geben interessante Einblicke in das Leben der Pflanzen. Das junge Forschungsfeld der Pflanzenneurobiologie beschäftigt sich unter anderem mit Signalübertragungssystemen. So finden die Wissenschaftler:innen immer mehr Beweise dafür, dass Pflanzen in einem ständigen Austausch miteinander stehen. Pflanzen lernen und können das Erlernte speichern. Sie können miteinander kommunizieren. Stefano Mancuso, Professor für Pflanzenkunde in Florenz, hält Pflanzen gar für „intelligent“. Er ist Direktor des Laboratorio Internazionale di Neurobiologia Vegetale und gilt international als einer der führenden Pflanzenforscher.
„Wir wissen, dass Pflanzen untereinander hervorragend kommunizieren und Informationen weitergeben können.“
Stefano Mancuso, Professor für Pflanzenkunde.
Derzeit (2021) werden eine Reihe Forschungsfragen in der Pflanzenneurobiologie diskutiert. Abgesehen von Pflanzenintelligenz gibt es auch wachsende Forschungserkenntnisse zur Pflanzenkommunikation. Botanische Hinweise legen nahe, dass Pflanzen durch eine Reihe verschiedener Kanäle kommunizieren. Sie tun dies mit Hilfe von Geräuschen, Gerüchen, Chemikalien, Magnetismus, Elektrizität und Licht. Und zwar sowohl über ihre Blätter als auch über ihre Wurzeln. Das ist nicht neu. Bereits der grosse Evolutionsforscher Charles Darwin beschrieb, dass sich die Wurzelspitzen der Pflanzen verhielten, als hätten sie ein Gehirn.
Ist eine Pflanze also intelligent?
Um zu überleben braucht eine Pflanze lediglich Wasser, Mineralsalze und Kohlendioxid aus der Luft sowie Licht. Das bedeutet, dass sie nicht von organischen, sondern von anorganischen Stoffen lebt. Mit Hilfe der Photosynthese wandeln sie anorganische Stoffe in organische Stoffe um. Natürlich gibt es hier auch einige Ausnahmen. Darunter zählen die fleischfressenden Pflanzen, wie zum Beispiel die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula). Auch Voll- und Halbschmarotzer zählen darunter, aber das würde an dieser Stelle zu weit führen. Fakt ist: Die meisten Pflanzen ernähren sich tatsächlich von Licht, Luft und Liebe. Und dennoch kennt die Forschung heute mindestens 17 Umweltfaktoren, die Pflanzen ständig verarbeiten: Schwerkraft, Licht, Feuchtigkeit, Temperatur, Nährstoffe und Duftstoffe sind einige unter ihnen. Pflanzen „wissen“, ob ihre Wurzeln die Wurzeln von Verwandten berühren oder die anderer Arten. In jüngsten Experimenten entdeckte Dr. Monica Gagliano, die leitende Forscherin am Zentrum für Evolutionsbiologie der University of Western Australia, dass die Wurzeln von Maiskeimlingen Klickgeräusche erzeugen. Sie kommunizieren also miteinander. Zudem reagieren sie auch auf Töne ähnlicher Frequenz.
Intelligenz von lateinisch intellegere, bedeutet so viel wie „erkennen“, „einsehen“; „verstehen“ und ist in der Psychologie ein Sammelbegriff für die kognitive bzw. geistige Leistungsfähigkeit (Wikipedia)
Pflanzen kommunizieren mit Lockstoffen & Elektrische Feldern
Betrachtet man den Wilden Tabak: Er besitzt kein Nervensystem, keine Organe und dennoch ist er zu komplexen Verhalten fähig. Sie ist nicht nur raffiniert, sondern intelligent! Denn der wilde Tabak kann spezielle Lockstoffe bilden, die z.B. die räuberische Wanzen anlocken. Diese fressen wiederum die Raupen der Tabakschwärmer. Sind zu wenig Raubwanzen in der Nähe kann der Wilde Tabak Verdauungshemmer produzieren. Den Raupen liegt ihr Futter dann schwer im Magen. Der Pflanzenphysiologen Rayko Halitschke vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie spricht von „komplexen Reaktionen“, die die Pflanze im Laufe der Evolution entwickelt hat, um zu überleben.
Bereits im Jahr 2013 entdeckten Forscher der Universität von Bristol unter Professor Daniel Robert, dass Blumen negativ und Hummeln positiv geladen sind. Wenn eine Biene auf der Blume landet, wird ein elektrisches Feld erzeugt. Die Forscher nehmen an, dass sich die Blume dadurch in das Gedächtnis der Biene einprägt. Sie wird ermutigt, zu ihr zurückzukehren. Von Fischen wie Haien oder Rochen weiß man schon lange, dass sie Elektrizität benutzen um Beutetiere aufzuspüren. Bei Pflanzen war diese Erkenntnis hingegen neu. Einfach raffiniert! Auf welche Art und Weise die Bienen die schwachen elektrischen Felder der Blüten wahrnehmen, ist den Forschern allerdings noch unklar. Es wird davon ausgegangen, dass sich die haarigen Hummeln unter der elektrostatischen Kraft aufsträuben.
„Da stechen dann die nektarreichen Blüten aus der Wiese heraus, wie kleine Leuchttürme, oder so als hätten sie ein Neonschild, auf dem „geöffnet“ steht. Blüten die gerade Besuch von anderen Insekten hatten, und somit leer sind, würden ihr Schild ausknipsen, bis sie wieder für Nachschub gesorgt haben!“
Daniel Robert, Forscher der Universität Bristol.
Die kanadische Forstwissenschaftlerin Suzanne Simard von der Universität British Columbia hat als erste nachgewiesen, dass Bäume in einem Wald über eine Art Netzwerk miteinander verbunden sind. Fehlen einem Baum Nährstoffe, versorgen ihn die anderen Bäume über das Wurzelnetzwerk. Grundlage sei der ständige Austausch der Bäume mit Pilzen, die über ein feines Wurzelgeflecht miteinander verbunden sind. Forscher schätzen, dass bis zu 90 Prozent aller Landpflanzen in Symbiose mit solchen Pilzen leben, zumindest aber die Voraussetzungen dafür erfüllen.
František Baluška, Professor am Institut für Zelluläre und Molekulare Botanik an der Uni Bonn, glaubt, dass Pflanzen Entscheidungen treffen und ein Gedächtnis besitzen. In seinen Untersuchungen hat er feststellen können, dass Pflanzen ständig Informationen aus der Umwelt sammeln und sich anpassen.
„Natürlich haben Pflanzen kein Gehirn, aber eine Art Wahrnehmungszentrum sei in Wurzeln schon zu finden.“
František Baluška, Professor für Molekulare Biologie der Universität Bonn
Tannin gegen den Feind
Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist die Akazie aus Afrika. Wird eine Akazie von einem Tier angeknabbert so produziert sie mehr Tannin, einen giftigen Bitterstoff in den Blättern. Zudem stößt sie ein geruchsfreies, süßliches Gift aus. Über den Wind gelangt dieser Stoff zu den umliegenden Bäumen, die daraufhin ebenfalls Gift produzieren. Mit diesem Abwehrsystem schützt sich die Pflanze vor zu gefräßigen Tieren. Dass die Pflanzen reagieren und sich anpassen können, liegt aber auch daran, dass sie, wie Baluška betont hat, Information speichern können. Und das ist besonders bemerkenswert.
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Waldbaden hat seinen Ursprung in Asien. In Korea und Japan hat die Erholung im Wald eine jahrzehntelange Tradition. 1982 wurde das Waldbaden in Japan erstmals als staatliches Gesundheitsprogramm eingeführt. Heute ist das Waldbaden sogar eine anerkannte Stress-Management-Methode. Doch was für eine positive Wirkung hat ein Wald auf uns? Und warum?
Der Wald übt seit jeher eine besondere Faszination auf den Menschen aus. Er ist nicht nur Lebensraum für unzählige Pflanzen und Tiere, sondern auch ein Ort der Stille, der Erholung und der Inspiration. In meinem Artikel gebe ich dir einen Überblick über diese magische Welt, wobei Zahlen, Daten und Fakten nicht zu kurz kommen.
Weitere Quellen & Literatur:
Baluška, František, Stefano Mancuso, und Dieter Volkmann, eds. 2006. Communication in Plants. Neuronal Aspects of Plant Life. Berlin/Heidelberg: Springer
Charles Darwin: The Power of Movements in Plants, John Murry, London, 1880, S. 573.
Dörte Saße, Wissenschaft Aktuell: Bienchen, Blümchen und elektrische Felder, https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Bienchen__Bluemchen_und_elektrische_Felder1771015588975.html, 22.02.2013
Der Standard: Blumen und Hummeln kommunizieren mithilfe elektrischer Felder, https://www.derstandard.de/story/2000066377932/blumen-und-hummeln-kommunizieren-mithilfe-elektrischen-felder, 28.10.2017
Der wilde Tabak – Planet Wissen, 25.03.2021 https://www1.wdr.de/mediathek/video-der-wilde-tabak-100.html
Janosch Deeg. Spektrum. Unterschätzte Botanik: Die vernetzte Welt der Pflanzen, 03.11.2018 https://www.spektrum.de/news/die-vernetzte-welt-der-pflanzen/1598658
Magdalena Hamm. Süddeutsche Zeitung: Botanische Forschung: Sind Pflanzen intelligent?18.05.2015 https://www.sueddeutsche.de/wissen/botanik-bluetenzauber-1.2479997
Michael Lange. Deutschlandfunk: Stefano Mancuso – Die Pflanzen und ihre Rechte, 22.02.2021 https://www.deutschlandfunkkultur.de/stefano-mancuso-die-pflanzen-und-ihre-rechte-das.1270.de.html?dram:article_id=492785
Susanne Billig & Petra Geist. Deutschlandfunk: Wie botanische Gewächse unterirdisch miteinander kommunizieren, 21.02.2010 https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-intelligenz-der-pflanzen.1067.de.html?dram:article_id=175600
SWR Fernsehen: Intelligente Pflanzen – Quicklebendig und ganz schön raffiniert, 25.02.2021 https://www.planet-wissen.de/sendungen/sendung-intelligente-pflanzen-100.html
Trewavas, Anthony. 2014. Plant Behaviour and Intelligence. Oxford: Oxford University Press
Wikipedia: Pflanzenneurobiologie (Abgerufen am 28.03.2021) https://de.wikipedia.org/wiki/Pflanzenneurobiologie
Peter Meredith, Australien Geograhpic: Are plants talking to each other? June 15, 2015 https://www.australiangeographic.com.au/topics/science-environment/2015/06/the-secret-language-of-plants-2/